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Spaziergang zu verschollenen Dörfern
in Tschechien bei Hohenberg an der Eger
Am 16. Juni 2012
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Fotos: Erwin Purucker
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Vom Wanderparkplatz an der Hammermühle bei
Hohenberg an der Eger
wanderten wir auf der tschechischen Seite des Flusses zunächst nach
Böhmisch Fischern,
wo die Gemeinde Liebenstein (Libá) eine
kleine Feier im Rahmen des Workshops der letzten Tage hielt.
Es gab zu essen und zu trinken und auch am dortigen Sauerbrunnen konnten wir
uns erfrischen. Vom einstigen Dorf sind nur noch Grundmauern erhalten.
Einst gab es nur ein Dorf
Fischern,
das links und rechts der
Eger
lag. Die beiden Ortsteile waren durch eine Brücke
verbunden, von der ebenfalls nur noch Steinreihen beiderseits der Eger zeugen.
Als im 19. Jahrhundert die Eger zur Grenze zwischen Österreich-Ungarn und
Bayern wurde, gab es plötzlich zwei Dörfer: Böhmisch Fischern und Bayerisch
Fischern. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ein Streifen östlich der Grenze zu
Sperrgebiet und die darin liegenden Dörfer wurden abgerissen und die Bewohner
deportiert.
Ein Mann erklärte uns, dass er der kleine Junge auf dem alten
Bild auf der Info-Tafel sei:
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Auch das Dorf
Rathsam
gibt es nicht mehr. Es lag am Zusammenfluss von Röslau
und Eger auf tschechischer Seite, hatte aber ausschließlich deutsche Einwohner.
Nach ihm benannte man das große Naturschutzgebiet, welches heute das Tal
in diesem Bereich grenzüberschreitend bis zum Beginn des Skalka-Stausees
umschließt. Die Stauseen und die großen Teiche mit den dazugehörigen
Feuchtgebieten im Egerer Becken haben besonders im Frühling und Herbst für den
Vogelzug eine überregionale Bedeutung für die Rast und Nahrungsaufnahme der
ziehenden Vögel. Eine großflächige Sandgrube bei Markhausen ist ebenfalls
Naturschutzgebiet und bietet Pflanzen- und Tierarten Lebensraum, die Wärme und
Trockenheit lieben.
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Auf einem Wanderweg zwischen dem bewaldeten Hang und der
Egeraue überquerten wir einen Grenzweg, den die tschechischen Grenztruppen zur
Überwachung des "Eisernen Vorhangs" bauen ließen. Eine halb fertige Brücke
zeigte, dass dieser sogar zweispurig geplant war. Er diente dazu, Flüchtlinge,
die an einem Zaun im Hinterland einen stummen Alarm ausgelöst hatten, lebend
abzufangen. Die Zeit, die diese zu Fuß brauchten, um die Grenze zu erreichen,
nutzten die Grenztruppen, um mit Autos die Flüchtlinge einzukreisen.
Schließlich erreichten wir
Markhausen,
von dem vor allem ein alter Burgturm erhalten blieb. In Harald Starks Buch
Die Familie Notthafft
ist zu lesen, dass Markhausen bereits im Jahr 1225 urkundlich erwähnt wurde,
als das Kloster Waldsassen Zehnte für den Pfarrer in Tirschenreuth forderte.
Das Dorf war damals im Besitz eines
Berchtoldus de honberg,
also eines Hohenbergers. Von einer Festung ist erstmals im Jahr 1309 die Rede.
Sie wurde allerdings 1462 zerstört und anschließend wieder aufgebaut, so dass
die Turmruine aus dieser Zeit stammen könnte. Im 17. Jahrhundert wurde der
Burgturm schließlich in eine Mühle integriert, die 1903 abbrannte. 1908 rettete
man den Turm vor dem endgültigen Verfall, was demnächst wohl wieder einmal
fällig sein wird. Das Dorf Markhausen wurde wie die anderen beiden nach dem
Krieg wegen seiner Grenznähe dem Erdboden gleichgemacht.
Im Jahr 1939 soll es noch 180 Einwohner gezählt haben, heute steht hier wieder
ein bewohntes Haus und die Siedlung heißt
Pomezná.
Markhausen (Pomezná)
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Etwas unterhalb an der Eger befindet sich ein Wasserkraftwerk. Zufällig war die
Betreiberfamilie anwesend und wir durften einen Blick in das Maschinenhaus
werfen, wo mit einer Francis-Turbine im Sommer 30 Kilowatt und im Winter 60
Kilowatt Strom erzeugt werden.
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Das Kraftwerk entlässt das Wasser der Eger in
den Skalka-Stausee, der sich von hier 9 km bis nach Eger (Cheb) erstreckt.
In der Stadt befindet sich eine Staumauer, an der ebenfalls Strom erzeugt wird.
Nicht verschwiegen werden soll,
dass der Stausee und die Eger auch Konfliktpotential zwischen Deutschland und
Tschechien bergen. Zeitweise stand der See durch von der deutschen
Landwirtschaft in die Eger und die Röslau eingeschwemmte Nährstoffe und die
dadurch verursachte Algenvermehrung kurz vor dem Umkippen. Noch weit schlimmer
sind die von der Chemischen Fabrik Marktredwitz über Jahrzehnte abgegebenen
Gifte, allen voran das Quecksilber, das sich im Schlamm abgesetzt hat,
weswegen die Fische aus dem See größtenteils nicht für den Verzehr geeignet
sind, was sich auf absehbare Zeit auch kaum ändern wird.
Nachdem die Schwüle zunahm und schon Donnergrollen zu hören war, machten wir
uns auf den Rückweg zu den Autos.
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Erwin Purucker
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Weitere Exkursionen
des Arbeitskreises für Heimatforschung Marktleuthen im Fichtelgebirge
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