Am 9. Februar 2012 berichtete
Helmut Hennig im Café Schoberth Marktleuthen mit einem Lichtbildervortrag
über seine Entdeckung im Staatsarchiv Bamberg. In Aktenordnern
mit dem Vermerk Streng geheim fand er detaillierte Pläne,
Nordostbayern von wehrfähigen Männern und kriegswichtigen Gütern
zu räumen.
Im Gegensatz zum Nord-Süd-Gefälle von heute, war damals Nordostbayern
mit seinen Leder- und Textilfabriken und der keramischen Industrie
die wirtschaftlich bedeutende Region Bayerns, während Nieder-
und Oberbayern noch größtenteils bäuerlich geprägt waren. Nach
der Besetzung des Ruhrgebiets durch Frankreich befürchtete man
ebenfalls eine Besetzung unseres Gebiets durch die neu gegründete
Tschechoslowakei. Hanus Kuffner, ein tschechischer Journalist
und Militärschriftsteller, veröffentlichte 1918 eine Broschüre
in tschechischer Sprache, die 1922 mit dem Namen "Unser Staat
und der Weltfrieden" auch in deutscher Sprache erschien. Darin
wird eine Expandierung der Tschechischen Republik propagiert,
die Teile Österreichs, Oberschlesiens, Sachsens, den Bayerischen
Wald und Nordostbayerns umfasst. Deutschland sollte in kleine
Einheiten zerschlagen werden, damit von ihm nie mehr eine Gefahr
ausginge. Die deutsche Bevölkerung sollte in dieser "Deutschen
Reservation" leben, entsprechend den Indianerreservaten in Amerika.
Nachdem sich die Tschechoslowakei mit Jugoslawien und Rumänien
zur Kleinen Entente verbündet hatte, befürchtete man
eine bevorstehende Invasion und die Regierung in Bayreuth arbeitete
umfangreiche geheime Pläne zur Evakuierung unseres Gebiets aus.
Wehrfähige Männer und kriegswichtige Güter sollten noch vor einer
Mobilmachung in Gebiete "südlich der Donau" verbracht werden.
Alles andere, also Fabrikanlagen und auch ältere Menschen sollte
verbleiben, um die Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Über möglichst
abgelegene Sammelräume sollte alles weiter- und abtransportiert
werden. Um entsprechende Transportkapazität zu planen, fanden
umfangreiche Zählungen statt, mit denen berechnet wurde, wie viele
Eisenbahnwaggons man brauchte, um das Vieh, die Nahrungsmittel
und andere Güter wegzuschaffen.
Helmut Hennig zeigte in Form von Lichtbildern die Originaldokumente
und Landkarten. Gottseidank kam es damals nicht dazu, sonst wären
wir im Fichtelgebirge heute ein Teil Tschechiens.
Literatur:
Helmut Hennig: Die Räumung
Nordbayerns. Planungen aus dem Jahr 1923. In: Archiv für
Geschichte von Oberfranken, 91. Band, Bayreuth 2011, S. 227
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Referent Helmut Hennig erläutert die Besetzung
des Ruhrgebiets durch Frankreich 1923 |