Arbeitskreis für Heimatforschung Marktleuthen

Historia Mystica
Geheimnisse unserer Heimatgeschichte


Bericht über einen Lichtbildervortrag von
 Adrian Roßner aus Zell im Fichtelgebirge

am 13. Juni 2019 im Gasthof Goldener Löwe in Marktleuthen
Im Heimatkunde-Unterricht haben wir gelernt, dass unser inneres Fichtelgebirge vor allem von Slawen besiedelt wurde. Das bietet sich ja auch an, brauchten sie doch nur die Eger flussaufwärts zu wandern, schon waren sie da. Dass die Geschichte nicht so einfach ist, erklärte der Historiker Adrian Roßner bei einem Lichtbildervortrag des Arbeitskreises Heimatforschung Marktleuthen.

Die im ersten Jahrtausend angekommenen Slawen lebten wohl eher halbnomadisch und gründeten nur sehr wenige feste Ortschaften oder gar Städte. Kälteres Klima in der Karolingerzeit ließ sie im Winter von hier wieder abwandern. Auch von den oft angeführten Mönchen, welche die Gegend christianisierten, können wir eigentlich nicht abstammen, sie dürfen ja nicht ...

Erst im Hochmittelalter kam es zur Gründung von festen Ortschaften, denn eine Warmzeit, das mittelalterliche Klimaoptimum, sorgte im Fichtelgebirge für Fruchtbarkeit. Zusätzlich brachte der einsetzende Bergbau wirtschaftlichen Aufschwung, der Migranten aus allen Richtungen anzog. Aus dem Egerland, dem Gebiet der heutigen Oberpfalz, aber auch aus dem westlichen Franken und sogar aus Thüringen wanderten Bauern, Bergleute und Handwerker ein. Auch die sagenumwobenen Venediger, umherziehende Mineraliensucher, hinterließen ihre Spuren. Schon damals waren wir also ein Mischvolk, was sich noch heute in den unterschiedlichen Mundarten auf kleinstem Raum zeigt. Das einigermaßen friedliche Zusammenleben im Auf und Ab der Geschichte zeugt von einer gelungenen Integration der Einwanderer. Roßner plädierte aber auch für einen Erhalt der regionalen Vielfalt gegen einen kulturellen Einheitsbrei der Globalisierung.

Zum Beginn der Neuzeit sorgte eine neue Macht für zusätzliche Akzente: Es waren die Hohenzollern, die den ansässigen Kleinadel unter Druck setzten und die Gebiete abkauften. Die Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach wollten hier ein Fürstentum errichten. Dem für die Landwirtschaft ungünstige Klima der Kleinen Eiszeit wirkten sie durch eine Modernisierung der Landwirtschaft entgegen, zum Beispiel dem Flachsanbau und dem Weben von Leinenstoffen, eine Entwicklung, welche die Grundlage der Textilindustrie im 19. und 20. Jahrhundert bildete, ein Wirtschaftszweig, der neben der Steinindustrie und später der Keramik einer der Hauptstandbeine unserer Wirtschaft bildete.

Roßner zeigte viele Beispiele von Überresten dieser wechselvollen Geschichte von den rätselhaften Erdställen, die bei uns wohl meist Entwässerungseinrichtungen waren, bis zum Pestgarten bei Kornbach mit seiner auch im trockensten Sommer mit Wasser gefüllten Steinmulde.

Anekdoten und G'schichtla lockerten den Vortrag immer wieder auf. Ein Beispiel: In dem rauhen Klima und auf dem kargen Boden konnten sich im Fichtelgebirge nur Menschen halten, die „wussten wie man's macht“, eine Elite, die Sachen kann, die sonst keiner kann, zum Beispiel schaffen es die Leute hier, Holz zamm-za-sägn. Überall auf der Welt kann man das Holz nur auseinander sägen, nur hier schaffen wir das Gegenteil, „mir sägn des Hulz zamm“! Eine (fast) so geniale Erfindung wie die „Schere mit Rückwärtsgang“, zum „zammschneidn“.
Geheimnisse unserer Heimatgeschichte
Historia Mystica – Geheimnisse unserer Heimatgeschichte, Lichtbildervortrag von Adrian Roßner in Marktleuthen, Bericht: Erwin Purucker
 
 
Rußbuttenträger an der Egerbrücke in Marktleuthen