Wissenswertes über heimische Orchideen
Nur wenige wissen, dass es wildwachsende Orchideen nicht nur
in den Tropen, sondern auch vor unserer Haustür gibt. Auch
wenn die bei uns vorkommenden Pflanzen häufig nicht so groß
wie die tropischen Schwestern sind, so stehen sie ihnen in ihrer
Schönheit und Faszination in nichts nach. Weltweit schätzt
man die Orchideenfamilie auf ca. 20 000 Arten, ca. 65 davon kommen
bei uns in Deutschland vor, von denen ca. 40 auch in Nordbayern
wachsen. Alle bei uns vorkommenden Orchideen sind Erdorchideen
und besiedeln verschiedenste Biotope. Wichtig sind für diese
Orchideen vor allem entsprechende Bodenpilze, die die Wurzeln
der Pflanzen mit Nährstoffen versorgen. Hat die Orchidee
nicht ihren benötigten Pilzpartner im Boden, geht sie ein.
Aus diesem Grund macht es auch keinerlei Sinn, wildwachsende Orchideen
auszugraben und ihn den eigenen Garten zu verfrachten. Außerdem
sind alle bei uns in Deutschland vorkommenden Arten streng unter
Naturschutz, da Orchideen bei uns vom Aussterben bedroht sind
und daher leider nur noch sehr selten zu finden sind. Kennt man
jedoch deren Standortansprüche, kann man mit etwas Glück
doch mal die ein oder andere Pflanze entdecken. Sucht man im Kalk-Buchenwald,
kann man dort die Vogel-Nestwurz – eine Orchidee ohne jegliches
Blattgrün -, das Weiße Waldvögelein oder die Breitblättrige
Stendelwurz entdecken. Im lichten Kiefernwald wächst das
Rote Waldvögelein, die Waldhyazinthe, die Rotbraune Stendelwurz
– die nach Vanille duftet – und die Königin unserer
heimischen Orchideen, der Frauenschuh. Die wunderschönen
Pantoffelartigen Blüten dienen der Pflanze als Kesselfalle
für Insekten. Doch werden diese Insekten natürlich nicht
verspeist, sondern nur durch einen ganz bestimmten Ausgang aus
der Falle wieder „entlassen“. Das Insekt streift den
Pollen der Pflanze beim Herausklettern über sich und dient
dadurch als Bestäuber der Pflanze. Gerade bei der Bestäubung
sind Orchideen äußerst einfallsreich. Am spektakulärsten
arbeiten wohl die Ragwurz-Arten. Ihre blühten imitieren Insektenweibchen,
so dass liebestolle Männchen sich auf die Blüten setzten,
um das vermeintliche „Weibchen“ zu begatten. Bei diesem
Begattungsversuch streift sich das Insekt die Pollen der Blüte
über sich und dient damit als Bestäuber. Besonders auf
Kalk-Magerrasen kommen die sehr seltene Hummel-, Bienen-, Spinnen-,
und Fliegenragwurz vor. Diese Magerrasen beherbergen auch noch
weitere Orchideenarten wie die Mücken-Händelwurz, das
Helm-Knabenkraut oder das Purpur-Knabenkraut. Auch magere Wiesen,
die aufgrund der intensiven Landwirtschaft heutzutage leider fast
verschwunden sind, sind ein natürlicher Lebensraum für
zahlreiche Orchideenarten. Gerade Knabenkräuter wie das Brand-Knabenkraut,
das Männliche Knabenkraut oder aber auch das recht unscheinbare
Große Zweiblatt kommen dort vor. Auch Feuchtwiesen sind
die Heimat mehrerer Arten wie der Sumpf-Stendelwurz, dem Fuchs-Knabenkraut
oder dem Breitblättrigen Knabenkraut. Orchideen sind äußerst
empfindlich gegenüber Umweltveränderungen und so genügt
schon einmal Düngen, um die gesamte Population zu vernichten.
Aus diesen Gründen gebührt diesen faszinierenden und
wunderschönen Pflanzen unser ganzer Schutz, damit sie auch
noch von unserer Nachwelt bestaunt werden können. Der Name
Knabenkraut stammt übrigens von der Legende, dass zerriebene
Knabenkrautknollen ein potenzstärkendes Mittel sein sollen
– da die Knollen wie zwei Hoden aussehen (Orchis ist griechisch
und bedeutete Hoden). Jedoch wurde dies nie erwiesen und gehört
wohl eher in die Welt der Fabeln.
Florian Fraaß |
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