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Ausfahrt nach Freiberg in Sachsen
Der Untermarkt in Freiberg mit dem Dom und dem Stadtmuseum
Der 24. September, an dem der Arbeitskreis für Heimatforschung Marktleuthen
seine diesjährige Busexkursion nach Freiberg in Sachsen veranstaltete, war ein
herrlicher Altweibersommer-Tag. Morgens um 7.30 Uhr, als die Fahrt auf dem
Marktleuthener Marktplatz startete, hing noch ein wenig Frühnebel im Egertal.
Schon bald aber verscheuchte die Sonne den Nebel und begleitete uns den ganzen
Tag.
Kurz vor 10.00 Uhr erreichten wir unser Ziel. Von der Stelle, wo unser Bus
parkte, waren es nur ein paar Schritte zum Dom, so dass wir zwar pünktlich zu
unserer bestellten Führung kamen. Allerdings hatte unser Busfahrer unterwegs
an der Pinkelpause gespart, so dass viele Exkursionsteilnehmer ein dringendes
Bedürfnis verspürten. Glücklicherweise steht vis á vis vom Dom, neben dem
Domladen, auch eine Toilette zur Verfügung, doch war der Platz dort – sowohl
für Männer als auch für Frauen – sehr beengt, so dass etliche von uns das
Orgelvorspiel im Dom verpasst haben, weil sie noch auf eine freie Toilette
warten mussten. Die Führerin musste ihren Rundgang pünktlich beginnen, da sie
für ihren Rundgang nur eine Stunde Zeit hatte; um 11.00 Uhr sollten die Proben
für ein abendliches Konzert beginnen, weswegen sie nicht auf alle
Toilettengänger warten konnte.
Im Dom
Die Marktleuthener Heimatforscher im Freiberger Dom
Die Keimzelle Freibergs, die Siedlung Christiansdorf, entstand im frühen 12.
Jahrhundert, als die Wettiner die Kolonisation des Erzgebirgsvorlandes in der
Mark Meißen vorantrieben. Es war im Jahr 1168 als, der Sage nach, Hallesche
Kaufleute Silbererz in der Nähe von Christiansdorf fanden. Die Nachricht von
diesem Fund veranlasste Bergleute aus dem Harz, wo schon seit Längerem
Silberbergbau betrieben wurde, zum Umzug in den
Miriquidi,
den Finsterwald, wie
Thietmar von Merseburg das Erzgebirge um das Jahr 1000 noch bezeichnet hatte.
Nahe bei Christiansdorf gründeten sie die Bergmannssiedlung
civitas saxonum,
die Sachsenstadt, die von Markgraf Otto dem Reichen mit der Bergfreiheit
begnadet wurde und seitdem den Namen Freiberg führte. Dank des Silberbergbaus
und der damit verbundenen Privilegien und Einkünfte entwickelte sich Freiberg
innerhalb weniger Jahrzehnte zur wirtschaftlichen Hauptstadt der Mark Meißen.
Besonderen Ausdruck fand der Aufschwung im Bau der romanischen Marienkirche,
der Vorgängergin des heutigen Doms, mit der um 1230 entstandenen Goldenen
Pforte, die als das ältestes Gewändeportal mit figürlichem und plastischem
Schmuck in Gewände und Bögen in Deutschland gilt. 1484 wurde auch diese
romanische Kirche das Opfer eines verheerenden Stadtbrandes. Das Gotteshaus
erstand wieder als spätgotische Hallenkirche. Gekrönt wurde dieser Neubau durch
die Aufstellung der sogenannten Tulpenkanzel im Jahr 1505. Aus Porphyrtuff
schuf der Meister HW – dabei handelt es sich wahrscheinlich um den aus
Braunschweig stammenden Hans Witten, der als einer der Hauptmeister der
spätgotischen Bildhauerkunst gilt – eine aus verschlungenen pflanzlichen
Elementen komponierte große Tulpe, deren Kelch den Kanzelkorb bildet. Daneben
befindet sich die 1638 vom Freiberger Bürgermeister Jonas Schönlebe gestiftete
Bergmannskanzel, deren Korb von der Skulptur eines Steigers getragen wird,
während die Kanzeltreppe auf den Schultern eines Bergknappen ruht.
Die Tulpenkanzel im Freiberger Dom
Die Führung durch den Freiberger Dom begann mit einem Vorspiel der großen
Silbermann-Orgel, dem in den Jahren 1711 bis 1714 entstandenen Hauptwerk des
bekannten Freiberger Orgelbaumeisters Gottfried Silbermann. Sie endete nach
einer ausgiebigen Erklärung des Bildprogramms der Goldenen Pforte mit einem
Blick in den von 1589 bis 1595 durch Giovanni Maria Nosseni zur
Begräbniskapelle für die Sächsischen Kurfürsten umgestalteten Domchor. Leider
blieb das den Chor vom Langhaus trennende Gitter für uns verschlossen, so dass
es nicht möglich war, die Begräbniskapelle näher in Augenschein zu nehmen. Hier
sind alle zwischen 1539 und 1694 in Sachsen regierenden Fürsten bestattet.
In der Altstadt zwischen Unter- und Obermarkt
Nach der Domführung erwartete uns schon das Ehepaar Pforr zu einem Rundgang
durch die Freiberger Altstadt. Glücklicherweise vom alliierten Bombenterror des
Zweiten Weltkriegs verschont, überrascht das umfassend restaurierte
Altstadtensemble durch eine Vielzahl stattlicher Bauten in den Stilen von der
Spätgotik bis zum Barock. Vom Untermarkt ging es zunächst durch die
Geschwister-Scholl-Straße zur Brennhausgasse. An deren Einmündung konnten wir
mit Blick nach Nordosten die Überreste des ehemaligen Franziskanerklosters und
die dahinter verlaufende Stadtmauer sehen. Das 1233 gegründete Kloster war 1537
säkularisiert und größtenteils abgebrochen worden. Das erhaltene Gebäude diente
über Jahrhunderte als Kranken- und
Findelhaus.
Nur wenige Schritte waren es von
hier zum Mineralogischen Institut der Bergakademie Freiberg mit seinem von
Szenen aus dem Bergmannsalltag geschmückten Portal aus dem Jahr 1916. Durch den
Schönberg'schen Hof gelangten wir in die Kirchgasse, durch die wir dann, vorbei
am Gebäude des Sächsischen Oberhüttenamtes und dem schmucken Renaissancebau des
Oberbergamts, zum Schlossplatz spazierten. Dort wo die Kirchgasse in den
Schlossplatz mündet, befindet sich rechter Hand das Silbermannhaus, in dem sich
von 1711 bis zu seinem Tod im Jahr 1753 die Werkstatt und die Wohnung des
berühmten Orgelbaumeisters Gottfried Silbermann befand.
Um 1175 hatte Markgraf Otto der Reiche zum Schutz des sich entwickelnden
Bergbaus an Stelle des heutigen Schlosses eine Burg errichten lassen. 1521
erblickte hier Herzog Moritz von Sachsen das Licht der Welt, der 1547 –
gewissermaßen als Beute aus dem Schmalkaldischen Krieg – die Kurfürstenwürde
seines ernestischen Vetters Johann Friedrich des Großmütigen okkupierte und an
die albertinische Linie der Wettiner brachte. 1553 wurde er als Gegner des
Kulmbacher Markgrafen Albrecht Alcibiades, der damals auch über Marktleuthen
herrschte, in der Schlacht von Sievershausen tödlich verwundet. Während der
Regierungszeit seines Bruders und Nachfolgers August wurde die alte Burg in
eine vierflügelige Renaissanceanlage umgestaltet, das heutige Schloss
Freudenstein. Gegenwärtig enthält es eine der weltweit umfangreichsten
Mineraliensammlung mit Exponaten aus allen Teilen der Erde, die „terra
mineralia“.
Das Schloss Freudenstein in Freiberg
Vom Schlossplatz aus ging es nun durch Burggasse zum Obermarkt. In der
Akademiestraße gab es einen kurzen Blick auf das Stammhaus der 1765 gegründeten
Bergakademie, der ältesten montanwissenschaftlichen Hochschule der Welt, in der
1791 auch Alexander von Humboldt auf seinen Dienst als Oberbergmeister in den
gerade zu Preußen kommenden fränkischen Provinzen vorbereitet wurde. Das für
Regelstudenten in drei Jahren zu absolvierende Pensum verinnerlichte der
geniale Wissenschaftler in gerade einmal acht Monaten. So gerüstet gelang ihm
in kurzer Zeit die Wiederbelebung des Bergbaus in Fichtelgebirge und
Frankenwald.
Der Obermarkt, das Herz der Stadt mit dem Rathaus, wird von stattlichen
Renaissance-Gebäuden umrahmt. Die Mitte des Platzes nimmt ein 1897
aufgestelltes Brunnendenkmal ein, das den Stadtgründer, Markgraf Otto den
Reichen von Meißen in Bronzeguss darstellt. Das Rathaus erhielt seine heutige
Form bereits im 15. Jahrhundert. Der Rathausturm wurde während der
Regierungszeit des Bürgermeisters Niclas Weller von Molsdorf (1429-1442)
errichtet; er zählt wohl zu den Vorfahren jenes Johann Christoph Weller, der im
17. Jahrhundert das stille Egertal zwischen Thierstein und Neuhaus zu einem
Zentrum der fichtelgebirgischen Eisenverarbeitung machte. 1578 wurde die
Rathausfassade durch einen vom Ratssteinmetzen Andreas Lorentz geschaffenen
Rennaissance-Erker geschmückt. Im Giebeldreieck desselben schaut der bärtige
Kopf eines geharnischten Mannes aus einem runden Fenster. Dabei soll es sich um
den Ritter Kunz von Kaufungen handeln, der im Zuge einer Fehde mit Kurfürst
Friedrich dem Sanftmütigen von Sachsen 1455 dessen Söhne Ernst und Albrecht aus
dem Altenburger Schloss entführte, um sie nach Böhmen zu entführen und von
ihrem Vater Lösegeld zu erpressen. Er wurde jedoch gefangengenommen, vor dem
Freiberger Gericht wegen Landfriedensbruch angeklagt und zum Tode verurteilt.
Das aus dem Giebelfenster des Rathauserkers blickende Haupt schaut gerade auf
die durch einen großen Stein im Pflaster des Obermarktes markierte Stelle, wo
Kunz von Kaufungen am 14. Juli 1455 geköpft worden ist. Die befreiten Prinzen
Ernst und Albrecht aber teilten in der sogenannten Leipziger Teilung von 1485
ihr Erbe und schieden ihre Familie, die Wettiner, in eine „ernestinische“ und
eine „albertinische“ Linie.
Anderthalb Stunden vergingen bei unserem interessanten Rundgang durch die
Freiberger Altstadt wie im Fluge. Fast pünktlich kehrten wir nun zur
Mittagsrast in den Ratskeller am Obermarkt ein. Im stilvollen Ambiente des
gewölbten Erdgeschosses in einem stattlichen Renaissance-Haus ließ es sich gut
speisen. Unsere beiden Führer beehrten uns auf unsere Einladung hin beim
Mittagessen und ließen es sich danach nicht nehmen, uns noch einige Schmankerln
in der Umgebung zu zeigen. So hatten wir Gelegenheit zur Besichtigung der mit
Wandmalereien und einer reich verzierten Balken-Bohlen-Decke aus dem 16.
Jahrhundert versehenen Beletage des Hauses Obermarkt 8, das heute ein
innovatives Optikergeschäft, die Brillen-Bar, beherbergt und von den
Eigentümern liebevoll und einfühlsam restauriert worden ist. Ein wenig entsetzt
standen wir dann vor der Glasfassade des nur wenige Schritte vom Obermarkt
entfernt gelegenen Kaufhauses in der Petersstrasse 3, in dessen Erdgeschoss
aber noch die Reste einer gotischen Halle mit Kreuzrippengewölbe zu bewundern
sind. An der Marktkirche St. Petri vorbei gelangten wir dann wieder zurück zum
Obermarkt.
Besuch im Stadt- und Bergbaumuseum
Nun hatten wir es ein wenig eilig, denn um 15.00 Uhr waren wir zur Führung im
Stadt- und Bergbaumuseum am Untermarkt bestellt. Dieses befindet sich in einem
vis á vis vom Dom gelegenen ehemaligen Domherrenhof der mit seinen
Vorhangbogenfenstern und dem mit Blendbögen und Fialen geschmückten Dachgiebel
die Übergangszeit von der Spätgotik zur Renaissance markiert. Die gewölbten
Räume des Erdgeschosses widmen sich der mittelalterlichen Geschichte der Stadt
und des Freiberger Silberbergbaus. Eine Sammlung sakraler Schnitzwerke aus der
Gotik und der Renaissance weist auf die reiche Ausstattung der Kirchen um und
in Freiberg zur Zeit der ersten Blüte des Bergbaues hin. Im ersten Obergeschoss
werden „Meisterwerke bergbaulicher Kunst“, darunter Werke von Freiberger
Goldschmieden ausgestellt. Das zweite Obergeschoss des Museums präsentiert
schließlich „Freiberg im 19. Jahrhundert“.
Freiberg, die Silberstadt
Auch im Museum verging die Zeit wieder viel zu schnell. Um 16.45 Uhr hatten wir
uns mit unserem Fahrer am Omnibus verabredet. Es blieb nach Ende der Führung
gerade eine knappe halbe Stunde Zeit, um die Schätze des Museums noch einmal in
Ruhe auf sich wirken zu lassen. Ein eindrucksvoller Tag neigte sich seinem Ende
entgegen. Nachdem wir wieder in Marktleuthen angekommen waren, ließen wir ihn
in gemütlicher Runde im „Goldenen Löwen“ ausklingen.
Harald Stark
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