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Im
Land der Grafen und Fürsten von Schönburg
Der aus heimischem Granit gemauerte Aussichtsturm
auf dem Großen Kornberg, ist weithin bekannt. Das dieser
Turm die „Schönburgwarte“ genannt wird, werden
schon weniger Leute wissen. 1885 hatte Prinz Karl Ernst von Schönburg-Waldenburg
(1836-1915) den Grund gestiftet, auf dem der Kornbergturm errichtet
wurde; seither wird dieser die „Schönburgwarte“
genannt. Doch wie kam es, dass ein Sproß einer sächsischen
Hochadelsfamilie dem Fichtelgebirgsverein ein Grundstück
auf dem Kornberg schenken konnte?
1706 hatte Graf Ludwig Friedrich von Schönburg-Waldenburg
die Rittergüter Schwarzenbach an der Saale und Förbau
erheiratet. Sein Nachfahre Karl Ernst von Schönburg-Waldenburg
hatte nach dem Tod seines Vaters Otto Victor I. 1859 das Schloss
Gauernitz in Sachsen sowie den bayerischen Besitz der Familie
übernommen, zu dem auch der Kornberggipfel gehörte.
Er war es auch, der sich 1886 das Jagdschloß Fahrenbühl
erbaute. Vor diesem Hintergrund beschloss der Arbeitskreis für
Heimatforschung Marktleuthen heuer eine Busfahrt in das Land der
Fürsten von Schönburg-Waldenburg zu unternehmen.
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Schloss Hinterglauchau |
Wir starteten am 24. September 2017 kurz
nach 8 Uhr morgens mit dem Bus an der Marktleuthener Stadthalle
und erreichten nach knapp zweistündiger Fahrt die sächsische
Stadt Glauchau. Eigentlich öffnet das Museum im Schloss Hinterglauchau
samstags erst um 14.00 Uhr. Wir hatten aber mit dem Museumsleiter,
Herrn Dahlberg, eine Führung um 10.00 Uhr vereinbart. Wie uns
Herr Dahlberg erläuterte, hatten die ursprünglich von
der Schönburg bei Naumburg stammenden Herren von Schönburg
um die Mitte des 12. Jahrhunderts regen Anteil an der Kolonisation
des mittleren Muldetals und gründeten um 1170/80 an der Stelle
des heutigen Schlosses Hinterglauchau eine Burg. Eine geschickte
Erwerbspolitik ließ das Gebiet der Schönburger in den
kommenden Jahrhunderten zu einer beachtlichen Größe wachsen.
Trotz der Begehrlichkeiten der benachbarten Wettiner gelang es ihnen,
sich die Reichsunmittelbarkeit und die Selbständigkeit ihrer
Territorien zu erhalten. Das gewachsene ökonomische Machtpotential
ermöglichte es Ernst I. von Schönburg-Glauchau (1456-1489)
die alte Burg in den Jahren zwischen 1470 und 1485, den gestiegenen
Wohn- und Repräsentationsbedürfnissen entsprechend, zu
einem Schloss im spätgotischen Stil umzugestalten. Zuerst erfolgte
der Umbau des alten Ostflügels mit der Schlosskapelle zu einem
Saalbau mit einem repräsentativen Festsaal im Obergeschoss.
Unter seinem Sohn Ernst II. (1484-1534) kam es dann von 1523 bis
1534 zum Umbau des Nordflügels im Stil der Frührenaissance.
Die gewachsene Hofhaltung veranlasste Ernst II. zur selben Zeit
auch zum Bau des Schlosses Vorderglauchau, das dem Schloss Hinterglauchau
direkt vorgelagert ist und heute unter anderem die Stadtbibliothek
und die Musikschule beherbergt.
Zunächst besichtigten wir die Schlosskapelle. Bei meinem ersten
Besuch in Glauchau hatte ich hier 2014 noch die Seitenflügel
sogenannten Callenberger Altars fotografieren können. Der Altar
befand sich ursprünglich in der Kirche St. Katharinen in Callenberg
bei Waldenburg, die in den 1850er Jahren abgerissen und durch einen
Neubau ersetzt wurde. Um 1860 erwarben die Patronatsherren, die
Grafen Heinrich und Alban von Schönburg, den gesamten Altar
für die Kapelle ihres Schlosses Hinterglauchau. Da er für
die beengte Kapellenapsis zu groß war, wurde er in seine Einzelteile
demontiert. Der Mittelschrein des Altars wurde 1901 an das Leipziger
Kunstgewerbemuseum – das heutige Grassimuseum – verkauft;
die beiden Altarflügel verblieben im Besitz der Familie von
Schönburg-Glauchau und wurden in der Schlosskapelle aufgestellt.
Die nach Kriegsende zwangsenteignete Familie von Schönburg-Glauchau
hatte nach der Wende Restitutionsansprüche an einen großen
Teil der im Schloßmuseum Hinterglauchau verwahrten Ausstellungsstücke
gestellt. Ihr waren schließlich auch die beiden Altarflügel
des Callenberger Altars zugesprochen worden und das Grassimuseum
nutzte die Gelegenheit 2016, um die beiden Seitenflügel zu
erwerben und so den Altar wieder zu vervollständigen. Auch
die Stadt Glauchau musste tief in die Tasche greifen, um das historische
Kulturgut aus Schönburger Provenienz für das Museum im
Schloss Hinterglauchau zu sichern.
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Der Eingang zum Glauchauer Schloss |
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Im Schlosshof von Hinterglauchau |
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Schönburg-Wappen in der Schlosskapelle |
Blick in die Schlosskapelle mit den
Flügeln des Callenberger Altars (2014) |
Sitznischenportal im Nordflügel |
Nach einem kurzen Blick
in die Remise, in der uns Marktleuthener natürlich der um
1900 entstandene Leichenwagen besonders interessierte, betraten
wir durch ein mit dem Schönburger Wappen verziertes Frührenaissance-Sitznischenportal
den Nordflügel des Schlosses. In einer Raumflucht desselben
sind Interieurs im Stil des Neobarock, des Biedermeier und des
Empire ausgestellt. Diese Räume waren, wie uns Herr Dahlberg
erläuterte, schon im frühen 20. Jahrhundert als Museum
für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden.
Eine Wiege im Empirezimmer, die ich 2014 noch fotografiert habe,
ist bei den Restitutionsverhandlungen ebenfalls der Familie von
Schönburg zugesprochen worden und inzwischen in den Kunsthandel
gelangt.
Nun ging es das schöne Barocktreppenhaus hinauf in die oberste
Etage des Nordflügels, wo in einer Sonderausstellung Gemälde
von der Romantik bis zum Impressionismus gezeigt werden. Die Sammlung
war der Stadt Glauchau vom Dresdner Mediziner und Kunstsammler
Prof. Dr. Paul Geipel (1869-1956) geschenkt worden und stellt
ein Abbild bildungsbürgerlichen Sammelns im Dresden des beginnenden
20. Jahrhunderts dar. Ein um die Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenes
Ölgemälde des Künstlers Friedrich August Wünschmann,
das eine Ansicht des Schlosses Hinterglauchau zeigt, hat es mir
besonders angetan. Schließlich besuchten wir noch den Rittersaal
im Obergeschoß des Ostflügels.
Nach der Schlossbesichtigung gingen wir zum Mittagessen ins Deutsche
Haus am Glauchauer Marktplatz, wo wir vortrefflich speisten. |
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Blick in den Schlosshof von Vorderglauchau |
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Das Empirezimmer mit der inzwischen
verkauften Wiege (2014) |
Ansicht des Schlosses Hinterglauchau
- Ölgemälde von Friedrich August Wünschmann, um
1850 |
Der Rittersaal im Schloss Hinterglauchau |
In Waldenburg
Danach ging es weiter nach Waldenburg, wo wir um 14.00 Uhr zu
einer Führung in der Stadtkirche St. Bartholomäus angemeldet
waren. Der Führer erwartete uns schon vor der Kirchentür
und ich freute mich sehr, einmal in das sonst immer verschlossene
Innere der Kirche zu gelangen. Nach der Zerstörung im Hussitenkrieg
war das Gotteshaus in den 1430er Jahren neu errichtet worden.
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erfolgte eine
Erweiterung des Kirchenschiffes nach Süden und das Langhaus
wurde mit kunstvollen Sternrippengewölben eingewölbt.
So ist die noch heute vor uns stehende stattliche zweischiffige
Hallenkirche mit ihrer unregelmäßigen Säulenstellung
zum Südschiff entstanden. Von der Innenausstattung ist besonders
der um 1600 entstandene, mit vielfigurigen Reliefs und Wappenkartuschen
geschmückte, achteckige Taufstein und das von Christoph Walther
geschaffene große Sandsteinepitaph für den 1566 verstorbenen
Grafen Hugo von Schönburg erwähnenswert.
Von der Kirche bis zum Schloss Waldenburg sind es nur wenige Schritte,
die noch dazu an einer Eisdiele vorbei führen. So nutzten
die meisten Exkursionsteilnehmer das sonnige Altweibersommerwetter
zu einem kurzen Spaziergang zum Schloss. Dort war es Erwins und
meine Aufgabe die Exkursionsteilnehmer in zwei etwa gleichgroße
Gruppen zu scheiden, die dann wechselweise an den Führungen
im Schloss und im Naturkundemuseum Waldenburg teilnehmen durften. |
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Die Bartholomäus-Kirche in Waldenburg |
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Der Taufstein der St. Bartholomäus-Kirche |
Blick in die St. Bartholomäus-Kirche |
Ausschnitt aus dem Epitaph des Hugo
von Schönburg (+ 1566) |
Auch das Waldenburger Schloss ist aus
einer mittelalterlichen Burg hervorgegangen. Diese war nach 1160
von den Reichsministerialen Hugo von Wartha und Rudolf von Brand
erbaut worden. 1378 erwarb Friedrich XI. von Schönburg-Glauchau
die Herrschaft Waldenburg. Von der mittelalterlichen Burg zeugt
heute allein noch der mächtige, aus dunklen Buckelquadern errichtete
Unterbau eines Bergfrieds.
Begründer der Waldenburger Linie der Familie von Schönburg
war jener 1566 verstorbene Hugo von Schönburg, dessen prächtiges
Epitaph wir in der Bartholomäuskirche bewundern konnten. Er
war ein Sohn jenes Ernst II. (1489-1534), der das Schloss in Glauchau
im Stil der Frührenaissance umgestalten ließ. In der
Erbteilung nach dem Tod des Vaters hatte Hugo die Herrschaft Waldenburg
erhalten. Er ließ die dortige Burg ebenfalls in ein Renaissance-Schloss
verwandeln. Allerdings ist von diesem Schloss nichts mehr erhalten,
denn während der Revolutionsereignisse von 1848 wurde es durch
die empörten Volksmassen niedergebrannt.
Hugos Urenkel Otto Ludwig (+ 1701) war im Jahr 1700 von Kaiser Leopold
I. in den Reichsgrafenstand erhoben worden. Jener Graf Ludwig Friedrich
von Schönburg-Waldenburg (1681-1736), der 1706 mit Katharina
Sophie Freiin von Stein die Rittergüter Schwarzenbach an der
Saale und Förbau erheiratet hatte, war übrigens dessen
3. Sohn. Er starb 1736 in Förbau und ist in der Schwarzenbacher
Kirche beigesetzt worden.
Ludwig Friedrichs Enkel Otto Karl Friedrich Graf von Schönburg
(1758-1800) erlangte 1770 den Reichsfürstenstand für sich
und seine Nachkommen. Sein Sohn Otto Victor (1785-1859) war erst
15 Jahre alt, als er seinem Vater in der Regierung der Schönburger
Lande folgte. Als Offizier in kaiserlichen, sächsischen und
preußischen Diensten durchlebte der junge Fürst den Napoleonischen
Krieg. 1848 erlebte er die Zerstörung des Schlosses Waldenburg
durch den aufgebrachten revolutionären Mob. Von 1855 bis 1859
ließ er das Schloss im Stil der englischen Tudor-Gotik wiedererrichten.
Otto Victors gleichnamiger Enkelsohn, Otto Victor II. (1882-1914),
realisierte schließlich in den Jahren 1909 bis 1912 umfangreiche
Um- und Erweiterungsbauten im Stil des Neobarocks, die dem Repräsentationsbestreben
und den Ansprüchen des modernen Wohnkomforts weitestgehend
Rechnung trugen. 1945 wurde Fürst Günther von Schönburg-Waldenburg
(1887-1960) entschädigungslos zwangsenteignet und in Prora
auf der Insel Rügen interniert. Teile der Schlossausstattung,
darunter die Schlossbibliothek mit 18.000 Büchern, die Silberkammer
und einzelne Möbel wurden als Beutekunst von den Russen abtransportiert;
die verbliebenen Kunstgegenstände wurden 1948 an die Museen
in Glauchau und Waldenburg abgegeben. Schloss Waldenburg diente
von 1948 bis 1998 als Heilstätte und Fachkrankenhaus für
Lungenkrankheiten. Heute befindet sich das Schloss im Besitz des
Landkreises Zwickau und wir hatten nun die Gelegenheit den Erfolg
der seit 2005 durchgeführten Sanierungsmaßnahmen zu bewundern. |
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Schloss Waldenburg |
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Schloss Waldenburg mit dem mittelalterlichen
Bergfried |
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Die Schlosskapelle |
Die Schlossküche |
Die zentrale Halle |
Zunächst besichtigten wir die im neoromanischen
Stil gehaltene Schlosskapelle, die zur Zeit der Nutzung als Lungensanatorium
mit einer Zwischendecke versehen wurde und als Speisesaal und
Röntgenabteilung diente. Interessant war auch die im Parterre
gelegene Küche, die zur Zeit ihrer Einrichtung im frühen
20. Jahrhundert sicherlich als hypermodern zu bezeichnen war und
sogar über einen Eisschrank verfügte. Der Innenhof des
vierflügeligen Schloßgebäudes war unter Fürst
Otto Viktor II. zu einer zentralen, zweigeschossigen, holzgetäfelten
Halle mit Kamin und Galerien im Obergeschoss eingerichtet worden.
Von hier führt eine dreiläufige Treppenanlage in die
Belle Etage im Obergeschoss. Das Defilee durch die prachtvollen
Räume begann im Spiegelzimmer, das – im Stil des Rokoko
gehalten – der Präsentation der verlorengegangenen
Porzellansammlung diente. Das benachbarte Gobelinzimmer ist nach
seiner Wandbespannung aus französischen Gobelins mit floraler
Ornamentik benannt. Über den Türen des im Stil des Klassizismus
gestalteten Raumes befinden sich ovale Supraporten mit Grisaillemalerei.
Weiter ging es in das Chinesische Eßzimmer, das mit chinesischen
Seidenmalereitapeten und Wandvertäfelungen mit chinesischer
Schnitzerei gestaltet ist. Der benachbarte „Gelbe Salon“
diente als Ballsaal und ist dem Festsaal des Brühl'schen
Palais in Dresden nachgestaltet. Geprägt wird der Raum durch
großformatige Wandspiegel und einer dem Rokoko nachempfundenen
Ornamentik. Unter der Musikerempore hindurch gelangt man in den
großen Festsaal des Schlosses; einem repräsentativen
holzvertäfelten Raum mit hohem, kassettiertem Tonnengewölbe.
Über die zentrale Halle gelangten wir noch in die holzverkleidete,
mit einem rot geäderten Marmorkamin versehene Bibliothek
mit Galerie. Der Raum erhält – ebenso wie die zentrale
Halle - sein Licht durch ein mit Glasmalereien verziertes Oberlicht
und außerdem durch einen Erker, der als Maleratelier diente.
Schließlich stand noch eine Raumflucht von ehemaligen Wohnräumen
mit prächtigen Parkettfußböden auf dem Besichtigungsprogramm,
die während der Nutzung als Lungensanatorium – mit
Linoleum ausgelegt – als Patientenzimmer dienten. |
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Das Spiegelzimmer |
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Im Gobelinzimmer |
Das chinesische Eßzimmer |
In der Bibliothek |
Nach unserer einstündigen
Schlossbesichtigung wechselten wir hinüber ins Naturkundemuseum.
Hier erwartete uns schon die Museumsleiterin Christina Ludwig,
die die Führung unserer beiden Gruppen durch das Museum zur
Chefsache gemacht hatte. Wie sie erzählte, war es der uns
bereits bekannte Fürst Otto Viktor I. von Schönburg-Waldenburg,
der die rund 40.000 Gegenstände umfassende Sammlung anlegte.
Den wertvollsten Teil davon bildet ein 1840 erworbenes Raritätenkabinett,
das von der Leipziger Apothekerfamilie Linck hauptsächlich
im 17. und 18. Jahrhundert zusammen getragen worden ist. 1844
ließ der Fürst auf dem Gelände seines Marstalls
ein eigenes Gebäude für seine Naturaliensammlung erbauen.
Während das Erdgeschoss des Neubaus als Remise für die
fürstlichen Kutschen und Schlitten dienen sollte, richtete
er in der oberen Etage das noch heute in seiner damals entstandenen
Form erhaltene Naturalienkabinett ein, das quasi als Museum im
Museum unter Denkmalschutz steht. Ausgestellt sind etwa 8.000
Exponate, die sich in die Bereiche Mineralogie, Paläontologie,
Fisch- und Reptiliensammlung, Conchylien, Vogel- und Säugetiersammlung
und Herbarien gliedern. Dazu kommen noch astronomische und physikalische
Gerätschaften aus der Frühzeit der Wissenschaft, kunsthandwerkliche
Gegenstände aus der Barockzeit und eine anatomische und ethnologische
Sammlung.
Der Kürze der Zeit wegen musste sich Frau Ludwig auf die
Erläuterung einiger besonderer Schaustücke konzentrieren.
So etwa auf ein Stück „ganz gediegenes Eisen, so ganz
in Ocher gelegen mit krystallisirten Topasen durchstreuet“.
Dasselbe stellte sich als Bruckstück des sogenannten Krasnojarsk-Meteoriten
heraus. Bei diesem handelt es sich um den ersten bekannt gewordenen
Fund eines Meteoriten in Rußland. Er war 1749 bei dem sibirischen
Dorf Ubeisk, rund 145 Kilometer südlich von Krasnojarsk,
vom Himmel gefallen.
Außerordentlich interessant und umfangreich sei auch die
im 17. und 18. Jahrhundert entstandene Sammlung von tierischen
Spirituspräparaten. Von den „800 Gläser(n) mit
allerhand in spiritu balsamico conservirten Animalien“ seien
heute noch 260 vorhanden. Auffällig sei – so unsere
Führerin – dass die Gattung der Säugetiere darunter
kaum vertreten ist. Sie vermutet, dass Fürst Otto Victor
die in Spiritus konservierten Säugetiere, beziehungsweise
wohl Säugetierföten, aus ästhetischen Gründen
größtenteils entsorgen ließ. Nur wenige davon,
wie beispielsweise das ursprüngliche Spirituspräparat
eines südamerikanischen Pekari, wurden in Trockenpräparate
verwandelt.
Weil so etwas zu einem fürstlichen Kuriositätenkabinett
gehörte, ließ Otto Victor 1846 auf der Leipziger Messe
auch zwei ägyptische Mumien samt Sarkophag erwerben. Eine
der beiden Mumien, jene der vor 1500 Jahren verstorbenen Ägypterin
numidischer Abstammung Schep-en-Hor, ist inzwischen genau untersucht
und dokumentiert worden. Die Erforschung der anderen Mumie, bei
der es sich um die Überreste eines Mannes handeln sollte,
steht erst am Anfang. Immerhin wurde schon festgestellt, dass
es sich dabei tatsächlich um die mumifizierte Leiche einer
Frau handelt.
Zum Schluss der Führung kamen wir noch in die Abteilung „Monstrum
humanum“- die anatomische Sammlung. Das bekannteste Präparat
in derselben ist der sogenannte Hühnermensch. Dabei handelt
es sich um ein 1735 in Taucha bei Leipzig tot zur Welt gekommenes
Kind. Moderne Untersuchungen haben ergeben, dass dasselbe keine
Stirn-, Schläfen- und Scheitelbeinknochen hat. Auch fehlen
die Knochenansätze am Oberkiefer sowie am außerordentlich
schmalen Unterkiefer. Als Ursache dieser Fehlbildungen wurde das
Fehlen großer Teile des Chromosoms 17 festgestellt. Normalerweise
sterben befruchtete Eizellen, denen dieses Chromosom fehlt, schon
in frühen Entwicklungsphasen ab. Nur in diesem einmaligen
Fall hat eine weitere Entwicklung des Fötus bis in das 3.
Schwangerschaftsdrittel stattgefunden.
Am Ende ihrer überaus interessanten und kurzweiligen Führung
gewährte uns Frau Ludwig einen Blick auf die Zukunft des
Museums. In der unteren Etage des Museumsgebäudes soll bis
2019 eine neue Abteilung entstehen, in der mit Hilfe moderner
Medientechnik ein genauer Blick auf und in verschiedene Exponate
des Naturalienkabinetts gewährt werden. Die Funktionen der
Geräte aus der physikalischen Sammlung werden dabei ebenso
erlebbar werden, wie die modernen Untersuchungen an den ägyptischen
Mumien oder dem Hühnermenschen von Taucha. Man darf also
gespannt sein!
Harald Stark
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Das Naturkundemuseum Waldenburg |
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Das Linck-Zimmer im Naturkundemuseum |
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Fürst Otto Victor I. von Schönburg-Waldenburg |
Blick in das Museum im Museum |
Blatt aus einem Herbarium des 18.
Jhd.: Krausblättrige Weide |
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Bruchstück vom Krasnojarsk-Meteoriten |
Der Hühnermensch von Taucha |
Schep-en-Hor |
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