Vor 300 Jahren wurde
in Meißen die erste europäische Porzellanmanufaktur
gegründet. Das Porzellanikon Selb - Hohenberg, als größtes
Spezialmuseum für Porzellan in Europa, nahm dieses Jubiläum
zum Anlass, mit der Sonderausstellung "Königstraum und
Massenware" eine bisher beispiellose Überblickschau
zum Thema Porzellan zu präsentieren. Der Arbeitskreis für
Heimatforschung Marktleuthen wollte es sich nicht nehmen lassen,
diese einmalige Exposition zu besuchen und so machten sich 26
Interessierte auf nach Hohenberg an der Eger, um sich dort in
einer Sonderführung unter dem Motto "Augenschmaus und
Gaumenfreude" den Wandel der Tischkultur in den letzten dreihundert
Jahren vor Augen führen zu lassen.
Aus China und Japan importiertes Porzellan gehörte schon
im 16. Jahrhundert zu den wertvollsten und begehrtesten Schätzen
an europäischen Höfen. Natürlich wurde versucht
das wertvolle Geschirr mit weiß glasiertem Steingut zu imitieren,
doch erst im Oktober 1708 gelang es Johann Friedrich Böttger
und Ehrenfried Walther von Tschirnhaus in Dresden beziehungsweise
in Meißen das erste europäische Porzellan zu produzieren.
1710 entstand in der Meißner Albrechtsburg die erste europäische
Produktionsstätte für Porzellan. Lange konnte das Geheimnis
um die Porzellanherstellung nicht bewahrt werden, denn die darin
Eingeweihten wurden durch lukrative Angebote an andere Fürstenhöfe
gelockt und bald folgte die Gründung weiterer Porzellanmanufakturen.
Während es sich die Fürsten leisten konnten, ihre Speisen
auf silbernen Platten oder prachtvoll gestalteten Porzellangeschirren
servieren zu lassen und zu verzehren, imitierten der Landadel
und die reiche Bürgerschaft die höfischen Sitten mit
Zinngeschirren und Fayencen. Den ärmeren Bevölkerungsschichten
genügte eine Tonschüssel oder ein Holzteller zum Auftragen
der kargen Mahlzeit. Erst nach den Befreiungskriegen, als die
Biedermeierzeit wieder Ruhe und Wohlstand in das Land brachte,
machten die von geschäftstüchtigen Bürgerlichen
gegründeten Porzellanfabriken, wie die 1814 von Carl Magnus
Hutschenreuther gegründete Porzellanfabrik in Hohenberg an
der Eger, das "Weiße Gold" für weite Bevölkerungskreise
erschwinglich. Seitdem hielt das Porzellan unaufhaltsam Einzug
in die Wohnstuben der Bürger und auch der Bauern. Das im
Schwang der Industrialisierung immer zahlreicher werdende Proletariat
imitierte wiederum die gehoben-bürgerliche Tischkultur durch
den Einsatz von porzellanähnlich emaillierter Blechgeschirre.
So leitete uns unsere Führung kurzweilig durch die verschiedenen
Epochen vom Barock bis hin zum Art Déco aus der Zeit nach
dem I. Weltkrieg. Ihren Abschluß fand die interessante Führung
nach rund zwei Stunden bei Kaffee, Kuchen und interessanten Gesprächen
rund um's Thema "Tischkultur im Wandel der Zeiten" im
Museumscafé. Danach hatten die Exkursionsteilnehmer noch
genügend Zeit, die interessante Ausstellung auf eigene Faust
weiter zu erkunden.
Harald Stark |