Arbeitskreis für Heimatforschung Marktleuthen

Ein Besuch im Oberhöchstädter Schloss

Der Höchstädter Schlossherr Joachim Rohrer ließ sich nicht lange bitten: Am Abend des 5. August empfing er zusammen mit seiner Frau Karin eine Gruppe von 10 Interessierten aus Marktleuthen und Umgebung und ließ es sich nicht nehmen, uns persönlich durch das von ihm und seiner Familie mit viel Liebe und Eigenleistung restaurierte Rittergut Oberhöchstädt zu führen. Schon einmal, zwischen 1398 und 1559 hatten seine Vorfahren, die seit 1272 im Egerland nachzuweisende Ministerialenfamilie Rorer, das Oberhöchstädter Schloss besessen. Damals gehörten aber noch die umfangreichen Schlossgüter sowie - seit dem späten 15. Jahrhundert - zwei Höfe in Hebanz, der größte Teil von Braunersgrün sowie das ganze Dorf Hauenreuth bei Wunsiedel zum Rittergut Oberhöchstädt. 1559 hatten die Rorer ihren Höchstädter Besitz an die aus Thüringen stammenden Herren von Witzleben verkauft und sich wieder nach Böhmen zurückgezogen. Nachdem das Gut durch den Dreißigjährigen Krieg ziemlich ruiniert und auch die Familie Witzleben an den Rand des Aussterbens gebracht worden war, riss sich der Landesherr, der Bayreuther Markgraf Christian, das Höchstädter Schloss unter den Nagel und verkaufte es 1644 an die Wunsiedler Hospitalstiftung. Der heutige Bestand der Rittergutsgebäude geht hauptsächlich auf die Zeit des Wiederaufbaus nach dem Dreißigjährigen Krieg zurück, doch zeigte uns der Schlossherr Gewölbe und Türgewände, die darauf hinweisen, dass Teile des Erdgeschosses im heutigen Wohngebäude durchaus noch aus älterer Zeit stammen können.
Im geräumigen Rittersaal mit seinen mächtigen Säulen hat der Künstler Joachim Rohrer die Wappen verwandter Familien an der Wand verewigt. Hier öffnete der Schlossherr eine Vitrine und zeigte uns wertvolle Keramikbruchstücke und Glas aber auch Kanonenkugeln und Pfeilspitzen, die er bei den Renovierungsarbeiten auf dem umfangreichen Schlossareal gefunden hat. Am Röhrenkasten im Schlosshof vorbei, ging es nun hinüber zur Remise, einem der jüngeren Bauten im Rittergut; hier hat Joachim Rohrer seinen Urahn, den 1272 erwähnten Cunradus de Rore, in einem Fresko an der Wand verewigt. In der hinteren Ecke der Remise befindet sich auch der Eingang zu einem runden Turm, dessen Fundamente noch vom alten, im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Schloss stammen. Der darunter liegende geräumige Schlosskeller diente wohl einst zur Reife des im heute verschwundenen Brauhaus gebrauten Bieres. Im kühlen Kellergewölbe stießen wir noch einmal auf das Fundament des bereits in der Remise bestaunten Rundturmes.
Hinter der Remise dehnt sich ein abgerundetes Plateau mit künstlich verstärkten Böschungen und den Resten eines stark verflachten Grabens aus. Hier stand einst das mittelalterliche "Castrum", also das eigentliche Schloss, das nach dem Dreißigjährigen Krieg nicht mehr aus seinen Trümmern erhoben wurde. Wahrscheinlich ging dasselbe auf einen Neubau der Brüder Hans und Caspar Rorer aus dem Jahr 1467 zurück. Der schon mehrfach erwähnte Turm ist ein letzter Rest dieses Gebäudes. Nun ging es zurück in den Schlosshof, wo als nächstes die erst vor wenigen Jahren denkmalpflegerisch vorbildlich sanierte mächtige Zehntscheune des Rittergutes auf dem Besichtigungsprogramm stand. Das vor mehr als dreieinhalb Jahrhunderten aus mächtigen Holzbalken gezimmerte Bauwerk bietet heute im Sommer ein stilvolles Ambiente für Veranstaltungen. Die Rückseite der Scheune wird durch einen Rest der mittelalterlichen Wehrmauer mit Schießscharten gebildet.
Den krönenden Abschluss des Besuches bildete die Besichtigung der "Großen Stube" im 1. Obergeschoß des Wohngebäudes. Hier hielten die Herren Hospitalvorsteher - die das Recht zur Ausübung der Niederen Gerichtsbarkeit über die Rittergutsuntertanen hatten - ihre Gerichtssitzungen ab. Heute dient der Raum dem Schlossherren als Bibliothek und kleiner Festsaal. Wir dankten den Rohrers für die freundliche Aufnahme in ihrem Haus und die interessanten Einblicke in dieses geschichtsträchtige Anwesen.

Harald Stark

Im wappengeschmückten Rittersaal
Schlossherr Joachim Rohrer mit Kanonenkugel
In der Zehntscheune


 

 

Rußbuttenträger an der Egerbrücke in Marktleuthen